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Nathalie Grudzinski

27. April 2015

Hinweis auf bevorstehende SCHUFA-Datenübermittlung kann unzulässig sein: BGH, Urteil vom 19.3.2015

Manch ein Gläubiger oder Inkasso-Dienstleister gibt den Forderungen in seinen Mahnungen mit dem Hinweis Nachdruck, dass im Falle der Nichtzahlung Mitteilung an die SCHUFA gemacht wird. Wer hier nicht sauber formuliert, riskiert eine kostenpflichtige Abmahnung, wie die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.3.2015 zeigt:

Mitteilung an SCHUFA als unlautere geschäftliche Handlung

Die Verbraucherzentrale Hamburg e.V. hat ein Mobilfunkunternehmen abgemahnt, das an seine säumigen Kunden über ein Inkasso-Unternehmen Mahnungen verschickte. In den Mahnschreiben wurde den Kunden eine Meldung an die SCHUFA in Aussicht gestellt. Das las sich dann so:

„Als Partner der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) ist die V. GmbH (der Mobilfunkanbieter, Anmerkung der Verfasserin) verpflichtet, die unbestrittene Forderung der SCHUFA mitzuteilen, sofern nicht eine noch durchzuführende Interessenabwägung in Ihrem Fall etwas anderes ergibt. Ein SCHUFA-Eintrag kann Sie bei Ihren finanziellen Angelegenheiten, z.B. der Aufnahme eines Kredits, erheblich behindern. Auch Dienstleistungen anderer Unternehmen können Sie dann unter Umständen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt in Anspruch nehmen.“

Die Verbraucherzentrale sah in dem Passus eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von § 4 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und damit einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Aus ihrer Sicht war die in der Mahnung verwendete Formulierung geeignet, Druck auf die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher auszuüben: Der Kunde wird nicht sachlich über die bevorstehende SCHUFA-Mitteilung informiert, sondern es wird suggeriert, dass nur eine Zahlung die Mitteilung verhindern kann.

Da das Mobilfunkunternehmen sich von der Abmahnung unbeeindruckt zeigte, klagte die Verbraucherzentrale vor dem Landgericht Düsseldorf – das die Klage abwies. Begründung: Eine unlautere Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit sei nicht gegeben, der Kunde werde nur auf die bevorstehende Mitteilung an die SCHUFA entsprechend § 28a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) hingewiesen.

Dieser Ansicht widersprach das Oberlandesgericht Düsseldorf in der zweiten Instanz:

Zahlung nur aus Angst vor der SCHUFA

Das Mahnschreiben „erweckt beim Adressaten den Eindruck, er müsse mit einer Übermittlung seiner Daten an die SCHUFA rechnen, wenn er die geltend gemachte Forderung nicht innerhalb der gesetzten, äußerst knapp bemessenen Frist (hier nicht einmal fünf Tage, Anm. der Verfasserin) befriedigt“, so das Oberlandesgericht.

„Wegen der einschneidenden Folgen eines solchen Eintrags wird eine nicht unerhebliche Zahl der Verbraucher dem Zahlungsverlangen der Beklagten folglich auch dann nachkommen, wenn sie die Rechnung wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Einwendungen eigentlich nicht bezahlen wollten.“ Damit bestehe die „konkrete Gefahr einer nicht informations-, sondern allein angstgeleiteten Entscheidung“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Juli 2013, I-20 U 102/12).

Voraussetzungen der Datenübermittlung gemäß § 28a BDSG

Diese Ankündigung einer bevorstehenden SCHUFA-Meldung findet keine Rechtfertigung aus datenschutzrechtlicher Sicht. Im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist geregelt, unter welchen engen Voraussetzungen eine Datenübermittlung an Auskunfteien wie die SCHUFA zulässig ist. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall aber nicht vor. So hätte der Mobilfunkanbieter den Kunden darüber informieren müssen, dass eine Übermittlung an die SCHUFA unter anderem nur dann erfolgen darf, wenn der Betroffene die Forderung nicht bestritten hat, vgl. § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 d BDSG.

„unbestrittene“ Forderung ist missverständlich

Hier war in der Mahnung zwar von einer „unbestrittenen“ Forderung die Rede – das reiche aber nicht aus, so das OLG Düsseldorf, „um dem in der Regel juristisch nicht vorgebildeten Adressaten zu verdeutlichen, dass es allein an ihm liegt, durch ein einfaches Bestreiten der Forderung den angedrohten SCHUFA-Eintrag zumindest zunächst abzuwenden“.

Der Betroffene wurde also nicht klar genug darüber unterrichtet, dass er die Forderung nur bestreiten musste, um den SCHUFA-Eintrag abzublocken. Damit fehlte es letztlich an einer wesentlichen datenschutzrechtlichen Voraussetzung.

Der BGH hat diese Sicht der Dinge mit seinem Urteil vom 19.3.2015 bestätigt.

Fazit

Wer Mahnungen verschickt bzw. in seinem Auftrag verschicken lässt, tut gut daran, einen zweiten Blick auf die Mahnschreiben zu werfen und zu prüfen, ob die Betroffenen über die gesetzlichen Voraussetzungen für eine bevorstehende Übermittlung an die SCHUFA sachlich, korrekt und unmissverständlich unterrichtet werden. Anderenfalls drohen nicht nur Abmahnungen, sondern im Falle rechtswidriger Datenübermittlungen an die SCHUFA auch Schadensersatzansprüche der Betroffenen.

Quellen:

BGH, Urteil vom 19. März 2015, Az.: I ZR 157/13: Zur Pressemitteilung
Vorinstanzen: LG Düsseldorf, Urteil vom 27. April 2012, 38 O 134/11 und OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Juli 2013, I-20 U 102/12

 

Auszug aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG):
§ 4 Absatz 1 UWG: Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen

Unlauter handelt insbesondere, wer

  1. geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen; (…)