Ausnahmebewilligung (§ 8 HwO)

Die Ausnahmebewilligung in § 8 der Handwerksordnung (HwO) ist eine wichtige Regelung im deutschen Handwerksrecht, die es in Ausnahmefällen ermöglicht, ein zulassungspflichtiges Handwerk selbstständig zu betreiben, auch wenn Sie keine Meisterprüfung abgelegt haben.

Sinn und Zweck der Ausnahmebewilligung

Die Regelung nach § 8 HwO dient dazu, unbillige Härten zu vermeiden und unter bestimmten Voraussetzungen die Eintragung in die Handwerksrolle auch ohne Meisterbrief zu ermöglichen. Die Handwerksrolle ist das offizielle Verzeichnis der Inhaber:innen von Betrieben eines zulassungspflichtigen Handwerks (gemäß Anlage A der Handwerksordnung). Für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung müssen grundsätzlich zwei Voraussetzungen erfüllt sein.

Unzumutbarkeit der Meisterprüfung

Zunächst muss es einen Ausnahmegrund im Sinne von § 8 HwO geben, der Ihnen das Ablegen der Meisterprüfung zum Zeitpunkt des Antrags oder danach ausnahmsweise nicht zumutbar macht.

Typische Beispiele für solche Ausnahmegründe sind:

  • fortgeschrittenes Alter (ab ca. 47 Jahren)
  • die Gelegenheit zur Übernahme eines Handwerksbetriebs vor Ablegen der Meisterprüfung
  • lange Wartezeiten bei Meisterprüfungen
  • das Vorliegen anderer Prüfungen (im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 3 HwO)

Bloßer Mangel an Zeit oder Geld hingegen reicht nicht als Ausnahmegrund.

Nachweis der Kenntnisse und Fertigkeiten

Sie müssen außerdem nachweisen können, dass Sie die in dem beantragten Handwerk gebräuchlichen Arbeiten in etwa meisterlich verrichten können. Erforderlich ist die fachtheoretische und fachpraktische Qualifikation, um einen Betrieb leiten zu können.
Dieser Nachweis erfolgt meist durch Zeugnisse, Arbeitsnachweise, Referenzen oder, wenn diese nicht ausreichen, durch eine gesonderte Sachkundeprüfung vor der Handwerkskammer.

Antragsstellung


Zuständig ist die Handwerkskammer, in deren Bezirk Sie Ihre zukünftige Betriebsstätte haben oder, wenn dies noch nicht feststeht, Ihr Wohnsitz. Die Bewilligung muss schriftlich beantragt werden.

Das Antragsformular der Handwerkskammer Berlin finden Sie hier.

Die Ausnahmebewilligung kann auf bestimmte, technisch und wirtschaftlich abgrenzbare Teiltätigkeiten eines Handwerks beschränkt werden. Die Bewilligung kann unbefristet oder befristet erteilt werden (z. B. mit der Auflage, die Meisterprüfung innerhalb einer Frist nachzuholen).

Die Ausnahmebewilligung berechtigt zur Eintragung in die Handwerksrolle und damit zur selbstständigen Ausübung des Handwerks. Sie berechtigt jedoch nicht zur Führung des Meistertitels.


Alternativen: § 7b HwO

§ 8 HwO ist eine Ausnahmeregelung. Eine weitere Ausnahme bildet die Ausübungsberechtigung nach § 7b HwO (sog. Altgesellenregelung). Hier entfällt zwar der Ausnahmegrund, es müssen aber andere Kriterien erfüllt sein, nämlich:

  • bestandene Gesellenprüfung (oder Abschlussprüfung in einem entsprechenden anerkannten Ausbildungsberuf) sowie
  • mindestens 6 Jahre Berufserfahrung, 4 davon in leitender Stellung.

Wichtig: Die Ausnahme der Altgesellenregelung nach § 7b HwO ist nicht anwendbar auf die sog. Gesundheitshandwerke sowie das Schornsteinfegerhandwerk (Nr. 12 und 33 bis 37 der Anlage A der Handwerksordnung).

Ausnahmebewilligung speziell für EU/EWR und Schweiz: § 9 HwO


Bürger:innen in Deutschland aus der EU/EWR und Schweiz haben gemäß § 9 HwO eine weitere Möglichkeit, eine Ausnahmebewilligung für die Eintragung in die Handwerksrolle zu erhalten. Voraussetzung ist, dass Sie in Ihrem Herkunftsland eine entsprechende Berufsqualifikation oder langjährige einschlägige Berufserfahrung nachweisen können. Einzelheiten regelt die EU/EWR-Handwerk-Verordnung.